Willkommen beim SV Brigitta-Elwerath Steimbke e. V.


Weitere Klage trotz Lärmschutzwand

Jetzt darf wieder gespielt werden / Kosten steigen auf 200.000 EuroAuf dem Kunstrasenplatz in Steimbke rollt wieder der Ball. Die Pandemielage entspannt sich und Gruppensport ist weitestgehend wieder ganz normal möglich. Aber das ist in diesem Fall nicht das Besondere, in dieser Geschichte spielt Corona maximal eine Statistenrolle.

 

Infolge einer Klage von Anwohnern war die Nutzungsgenehmigung für den Platz entzogen worden, eine lange Hängepartie zwischen Lärm- und Lichtemissionen, zwischen fehlenden Baugenehmigungen und Bestandsschutz begann. Jetzt, exakt zwei Jahre und eine Woche später, scheint das Kapitel abgeschlossen – es darf dort wieder Vereins- und Schulsport stattfinden. Aber der Weg dorthin war kein billiger: Eine vier Meter hohe Schallschutzwand, die rund ein Drittel des Platzes umgibt, musste für rund 200.000 Euro errichtet werden, ein neues Lichtgutachten musste her. Und dennoch nimmt der Anwohnerstreit kein Ende: Nun steht die Richtigkeit der gesamten Sportanlage vor Gericht.

 

Hinter dem Tor auf der Westseite des Kunstrasenplatzes erstreckt sich die vier Meter hohe Wand in die Höhe.
 

Hinter dem Tor auf der Westseite des Kunstrasenplatzes erstreckt sich die vier Meter hohe Wand in die Höhe.

„Das kann man schon so deutlich sagen: Corona hat uns gerettet. Das hätte unsere Fußball-Sparte ansonsten zerrissen“, stellt Peter Bartsch nüchtern fest. In den zwei Jahren, in denen der SV BE Steimbke ohne seine „Winterversicherung“, den Kunstrasenplatz, auskommen musste, fand coronabedingt nur wenig Spielbetrieb statt. „Im vergangenen Herbst hat man gemerkt, wie sehr der Rasenplatz unter den vielen Spielen litt. Da kam der Abbruch quasi zur rechten Zeit, auch wenn es aus sportlicher Sicht beispielsweise für unsere Erstvertretung in der Bezirksliga sehr ärgerlich war; ich denke, dass der Aufstieg durchaus realistisch gewesen wäre.“

 

1948 erstmals ein Fußballfeld angelegt

An der Stelle, auf dem sich heute der Kunstrasen befindet, wurde 1948 erstmals ein Fußballfeld angelegt – allerdings fern von jeder Bebauung; die heute dort benachbarten Wohnhäuser kamen erst viele Jahre später. 1955 wurde das Klubheim und die Tennisanlage errichtet. Das Areal des jetzigen Kunstrasenfeldes war erst der A-Platz, später der B-Platz des SV BE, und wurde vor allem für Trainingseinheiten genutzt. Der Sandboden hatte gegenüber dem Rasen klar die Oberhand und wurde daher auch gerne als „Acker“ bezeichnet. 2013 ging der Verein das Großprojekt Kunstrasen an, der es fortan ermöglichte, dass die Brigittaner auch bei widrigen Wetterbedingungen trainieren und Spiele austragen konnten.

 

Außen ein Metallgeflächt, dahinter eine Kokosmatte, gefüllt mit Sand. Demnächst soll hier Efeu wachsen.
 

Außen ein Metallgeflächt, dahinter eine Kokosmatte, gefüllt mit Sand. Demnächst soll hier Efeu wachsen.

Vor acht Jahren seien alle Entscheidungsträger davon ausgegangen, dass der Lageplan als rechtliche Grundlage ausreiche und zudem Bestandschutz gelte, erinnert sich Bartsch – man habe den Kunstrasen quasi im Bestand gebaut. Doch dem war nicht so: Aufgrund der aus der Historie bedingt fehlenden Baugenehmigung wurde nach einer Klage von Anwohnern 2019 der Bestandsschutz entzogen und der Platz durch die Kreisverwaltung gesperrt.

Etliche Gutachten mussten her, der Vereinsvorstand investierte etliche Stunden Arbeit und einiges an Geld, um fehlende und geforderte Unterlagen nachzureichen oder zu erstellen. Das Kernproblem war der Lärm: „Altanlagen haben einen Bonus von fünf Dezibel, der wurde uns durch das Altverschulden genommen. Wir mussten also unter die 60 Dezibel-Grenze kommen, und das geht eben nur mithilfe einer Lärmschutzwand.“

 

Kostensteigerung nach zweiter Ausschreibung

Die Samtgemeinde beschloss schließlich, in den sauren Apfel zu beißen, und stellte 110000 Euro für die Lärmschutzwand in den Haushalt ein. Bevor jedoch die Bagger und LKW anrücken durften, verging noch einmal mehr als ein halbes Jahr: Das Rechnungsprüfungsamt des Kreises kassierte die erste Ausschreibung ein. „Ein Hersteller war bereits gefunden und beauftragt worden, im Herbst hätte die Wand stehen können“, erinnert sich Bartsch. So mussten die bürokratischen Förmlichkeiten ihre zweite Runde nehmen. Die Kosten stiegen auf etwa 200.000 Euro an.

Im vergangenen Mai war es dann so weit: Rund fünf Wochen dauerte die Bauphase. Eine Firma aus Berlin war mit der Errichtung der Lärmschutzwand beauftragt worden. „Das ist nun quasi unsere Berliner Mauer“, schmunzelt Bartsch. Die stolzen Abmessungen: eine Sockelbreite von 1,4 Metern an der West-, 1,2 Meter an der Nordseite sowie eine Höhe von vier Metern, gemessen ab dem Boden des Fußballplatzes. Ein Metallgeflächt, dahinter eine Kokosmatte, die den Sand im Inneren hält und den Schall schluckt. An der Stelle, an der zwischen Sportplatz und Schulstraße der nötige Platz fehlte, wurde ein dünneres, aber teureres Zwischenelement eingefügt.

 

Nein, das ist kein Foto von Peter Bartsch aus dem Urlaub an der Grenze zwischen den USA und Mexiko.Der SV BE-Vorsitzende steht vor der fertiggestellten Lärmschutzwand am Kunstrasenplatz in Steimbke, die ab sofort wieder den Spielbetrieb auf der Anlage ermöglicht.
 

Nein, das ist kein Foto von Peter Bartsch aus dem Urlaub an der Grenze zwischen den USA und Mexiko. Der SV BE-Vorsitzende steht vor der fertiggestellten Lärmschutzwand am Kunstrasenplatz in Steimbke, die ab sofort wieder den Spielbetrieb auf der Anlage ermöglicht.


Wer heute die Schulstraße in Steimbke entlangläuft, der kommt an der Lärmschutzwand nicht mehr vorbei. Das vier Meter hohe Bauwerk vermittelt eher den Anschein, als würde sich dahinter eine militärische Sicherheitszone befinden, oder als hätte Donald Trump ein Stück seiner Mexiko-Mauer in den Kreis Nienburg verlegt. Lediglich die Flutlichtmasten, die noch etwas darüber hinausragen, lassen erahnen, dass sich hier eine Sportanlage befindet.

 

Lichtgutachten wurde aktualisiert

SV BE-Chef Bartsch gibt zu: „Wir hatten ja im Vorfeld schon geahnt, dass so eine Wand nicht unbedingt schön aussieht. Ich habe noch niemanden getroffen, der die Wand hübsch findet. Wir hätten gern darauf verzichtet, aber es blieb uns nichts anderes übrig.“Zur Platzseite sollen Werbebanner an der Wand angebracht werden, zur Straße ist eine Begrünung mit Efeu geplant, davor soll ein Blühstreifen eingesät werden.

Jüngst wurde noch das Lichtgutachten aktualisiert. Hier hilft die Lärmschutzwand zusätzlich, Licht im Inneren der Sportanlage zu halten. Die dritte Auflage, um die Nutzungsgenehmigung zurückzuerhalten, war die Errichtung von acht weiteren Parkplätzen am Waldbad, auch das wurde bereits erledigt.

 

Blick von der Schulstraße: Wer es nicht besser weiß, könnte vermuten, dass hier ein militärischer Sicherheitsbereich beginnt.
 

Blick von der Schulstraße: Wer es nicht besser weiß, könnte vermuten, dass hier ein militärischer Sicherheitsbereich beginnt.


Am vergangenen Dienstag hielt Peter Bartsch die schriftliche Bestätigung des Kreises in den Händen: Es darf wieder auf dem Kunstrasenplatz gekickt werden. Nun sollte endlich Ruhe einkehren, vor und hinter der Lärmschutzwand. Aber daraus wird voraussichtlich erst einmal nichts. Denn der im Klageverfahren tonangebende Anwohner hat im Verwaltungsgericht Hannover Klage gegen den Kreis und die gesamte Steimbker Sportanlage eingereicht.

„Auf Kreisebene ist ja alles ausgereizt, nun geht er zur nächsten Instanz. Er stellt die Rechtmäßigkeit des ganzen Sportgeländes infrage“, sagt Bartsch. Ob dies Aussicht auf Erfolg habe, mag der Vereinsvorsitzende nicht beurteilen. „Ich hätte auch vor zwei Jahren nicht gedacht, dass der Bestandsschutz für den B-Platz fällt und wir am Ende eine Lärmschutzwand bauen müssen. Aber beim Kunstrasen wurde der Belag 2013 getauscht, der Rest der Anlage wurde ja seit der Errichtung kaum verändert. Nach menschlichem Verständnis müsste also der Bestandsschutz gelten.“

Eine Baugenehmigung war bisher nicht dabei. Das ist aber für diese Zeiten völlig normal. Bürgermeister Knut Hallmann

Die Samtgemeindeverwaltung gehe die juristische Auseinandersetzung entspannt an, meint Bartsch, der auch politisch im Gemeinderat aktiv ist. Bürgermeister Knut Hallmann kommentierte: „Die ersten Bauten der Sportanlage wurden bereits zwischen 1948 und 1955 erstellt. Da gibt es alte Aufzeichnungen, die den Bestandsschutz der Anlage grundsätzlich sicherstellen. Eine Baugenehmigung war bisher nicht dabei. Das ist aber für diese Zeiten völlig normal.“

Die Kreisverwaltung wollte hinsichtlich des laufenden Verfahrens keine inhaltlichen Äußerungen tätigen. Trotz nun erteilter Nutzungsgenehmigung für den Kunstrasenplatz: Das Damoklesschwert schwebt also für ungewisse Zeit weiterhin über der Heimat das SV BE Steimbke.

Gegen den streitlustigen Anwohner hat der Verein im Übrigen ein Hausverbot ausgesprochen und ein Vereinsausschlussverfahren eingeleitet. Dagegen, wen wundert‘s, klagt er ebenfalls.

 

Aus "Die Harke" vom 12.06.2021

 
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