St. Pauli zu Gast im Steimbker Waldstadion

  SV BE gründet eigene eSports-Sparte / Andere Vereinsvorsitzende stehen
  dem Thema skeptisch gegenüber
 
  Außer ein paar Steigerungsläufen und eigenverantwortlichen Kraftübungen in 
  den eigenen vier Wänden bleibt den hiesigen Fußballern nicht viel, um in Form
  zu bleiben. So wird häufig der Controller gezückt und die Playstation gestartet,
  um wenigstens das taktische Verständnis zu schulen, und mal wieder einen 
  Torerfolg – wenn auch nur virtuell – zu feiern.

Die Szene im eFootball wird nach und nach größer und professioneller aufgezogen, zuletzt wurde die zweite Niedersachsenmeisterschaft mit Nienburger Beteiligung ausgetragen. Nahezu jeder Bundesligist stellt derweil ein eSports-Team im Fußballsimulationsspiel FIFA21, aber wie stehen eigentlich die Kreisteams im Vergleich dazu da?

Online-eFootball-Cup findet wenig Zuspruch

Im Vergleich zum Vorjahr war die zweite eFootball-Kreismeisterschaft für die Nienburger eher ein Flop. Nur 14 von 32 möglichen Startplätzen wurden vergeben. Die Bezirksligisten des SV BE Steimbke und des TuS Drakenburg waren ebenso doppelt vertreten wie der TuS Steyerberg, der SV Sila Spor Nienburg und der TSV Eystrup. Zudem nahmen aus dem Südkreis der SSV Steinbrink sowie der TV Eiche Winzlar und der SV Warmsen teil. Zwar ein buntes Potpourri an Teilnehmern quer durch den Landkreis verstreut, aber dem reinen Online-Turnier wurde im Vergleich zur vorherigen Offline-Auflage im Lemker Sportheim bei Weitem nicht die gleiche Aufmerksamkeit zuteil. Das Duellieren von Angesicht zu Angesicht, das Frotzeln nach einem erzielten Treffer, das Beisammensein und Anfeuern der Teamkollegen oder Kumpels, fehlte den Zockern in der Nachbetrachtung enorm.

Die Gründe für die maue Beteiligung waren zum einen die etwas kurzfristig ausgeschriebene und undurchsichtige Online-Registrierung und zum anderen der direkte K.o.-Modus, der für manche Teilnehmer nur ein Spiel vorsah. Auch Henning Mahlstedt, stellvertretender Beauftragter des NFV-Kreises für den Bereich eSport, nahm die schwache Beteiligung zur Kenntnis: „Vor allem die Kurzfristigkeit des Events stellte für viele Vereine ein Problem dar. Mancherorts kommen Internetprobleme hinzu. In anderen Kreisen gibt es bereits einen Liga-Betrieb, das ist aufgrund von fehlendem Personal bei uns aber noch nicht geplant. Das Online-Turnier wurde vom NFV organisiert und durchgeführt.“

Sofern es die Pandemie zulässt, soll die nächste Auflage der eFootball-Kreismeisterschaft wieder an einem Ort und in einem Gruppenphasen-Modus ausgetragen werden, dann besteht auch wieder die Möglichkeit, ähnlich wie es die Deutsche Nationalmannschaft häufiger unter Beweis gestellt hat, sich in ein Turnier hinein zu kämpfen und von Spiel zu Spiel zu steigern.

Vorjahressieger überzeugen erneut

Der Modus war zwar neu, die erfolgreichen Teams blieben jedoch dieselben. Wieder waren es die Konsolen-Junkies vom SC Haßbergen Clemens Andermann, Azad Ali und Lukas Blunk, die eine gute Leistung boten und sich nach dem dritten Platz im vergangenen Jahr nun die Krone aufsetzten. Die Nordkreisler haben sich mit dem Thema eSports bereits intensiver befasst und mit Christoph Klages einen Verantwortlichen abgestellt, die tatsächliche Gründung einer Sparte steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. „Das grundsätzliche Interesse an einer Sparte ist da. Mit Azad, Clemens und Lukas haben wir gute Spieler, die ich bei den NFV-Turnieren begleiten werden.“ Auch der TSV Eystrup um die Brüder Daniele und Giuseppe Romito sowie Marek Lieske überzeugte erneut und löste durch die Finalteilnahme bei der Kreismeisterschaft ebenso das Ticket zur Niedersachsenmeisterschaft. Dort war für beide Teams jedoch nach Runde eins bereits Schluss.


Die Vorjahressieger aus Wechold-Magelsen traten in diesem Jahr für den SV Vorwärts Hülsen an und gewannen im Nachbarkreis Verden ihre Meisterschaft souverän. Gegen die späteren niedersächsischen Vizemeister setzte es auch für Felix Wolf und Christian Zerfowski das Aus. Mit dem Husumer Felix Maiwald machte zuletzt ein weiterer richtig guter Gamer auf sich aufmerksam. Beim niedersächsischen eFootball-Jungschiedsrichterturnier sicherte er sich den Vizetitel.

Vorsitzende stehen eSports skeptisch gegenüber

Dem Thema „Gründung einer eSports-Sparte“ standen die meisten Vereinsvorsitzenden in einer HARKE-Umfrage eher skeptisch gegenüber. Lediglich vier Vereine könnten sich vorstellen, eSports in ihr Angebot aufzunehmen. Der SC Uchte, der RW Estorf-Leeseringen, SV Aue Liebenau und die SG Hoya denken über eine Eingliederung in eine Freizeitsparte nach, sofern sich engagierte Mitglieder einbringen würden.I

"In kleineren Vereinen sollte man über jeden aktiven Sportler froh sein und ihm nicht über diese Schiene, den Weg in die Passivität aufmachen".

Andreas Quade, Spartenleiter Fußball beim SCB Langendamm

Es gibt aber auch deutlich kritischere Meinungen; Andreas Quade (Spartenleiter Fußball beim SCB Langendamm) sieht in der Gründung einer eigenen Sparte sogar Probleme: „Auch wenn uns bewusst ist, dass gerade in den jüngeren Jahrgängen FIFA sehr beliebt ist, stehen aktuell andere Fragen im Vordergrund. Zudem sind die technischen Voraussetzungen und das nötige Equipment eine finanzielle Herausforderung, die nicht mal eben zu leisten sind. In kleineren Vereinen sollte man über jeden aktiven Sportler froh sein und ihm nicht über diese Schiene, den Weg in die Passivität aufmachen.“

Auch Martin Bauerschäfer vom RSV Rehburg sieht es ähnlich: „Wir sind ein Verein, der sich der körperlichen Ertüchtigung verschrieben hat und eben ein Ausgleich zur aktuellen Entwicklung bieten möchte. Die Kinder und Jugendlichen aber auch Erwachsene sitzen bereits viel zu viel und haben statistisch gesehen oft Bewegungsmangel. Eine weitere Sparte oder ein Angebot in Richtung eSports würde aus meiner Sicht Kinder und Jugendliche von Fußball, Tennis oder Football fernhalten und somit die Auswirkungen des demografischen Wandels in den Amateurvereinen, die bereits fast alle in Jugendspielgemeinschaften gezwungen werden, beschleunigen.“

Der SV BE Steimbke ist eSports-Vorreiter

Mit dem SV BE Steimbke steigt hingegen der erste Verein im Landkreis in den eSports ein. Mit einer neu gegründeten Sparte möchten die Brigittaner nicht nur auf dem Natur- oder Kunstrasen sportlich überzeugen, sondern auch virtuell in einen Liga-Betrieb einsteigen. Federführend zeigt sich Hobby-Zocker und Organisator Jens Schablack, der seit 2009 mit viel Enthusiasmus hinter dem Bildschirm sitzt und leidenschaftlich gerne FIFA spielt: „Wir wollen das hier schon professionell aufziehen und ein gemeinschaftliches Vereinsleben pflegen. Zu Trainingseinheiten gehört es sich, sich abzumelden und in einem Teamsport ist Zuverlässigkeit enorm wichtig.“
Bei Zeiten sollen nach der Pandemie auch gemeinsame Turniere oder Grillabende im kürzlich aufgehübschten „Blauen Salon“ stattfinden. Zuspruch für die Gründung der Sparte gab es auch aus den eigenen Reihen vonseiten des Vorstandes und auch vom aktuellen Trainer-Team der Erstvertretung.

Anmerkung in eigener Sache:

An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der "Abteilung eSports" um keine eigenständige Sparte handelt. Die "Abteilung eSports" wird zunächst in die Sparte Fussball integriert!

"Langfristig freue ich mich darauf, der eSport-Sparte an Spieltagen zuzugucken und mitzufiebern".
Patrick Fornacon, Trainer SV BE Steimbke

Coach Patrick Fornacon: „Momentan ist das eine wirklich gute Alternative andere Leute zumindest virtuell zu sehen. Langfristig freue ich mich darauf, der eSport-Sparte an Spieltagen zuzugucken und mitzufiebern.“ Auch auf den Social-Media-Kanälen soll noch einiges passieren und die Teilnehmer auf dem Laufenden gehalten werden.

Hobby-Zocker Jens Schablack hat die eSports-Sparte beim SV BE Steimbke federführend ins Leben gerufen. Foto: Schablack
  Hobby-Zocker Jens Schablack hat die eSports-Sparte beim SV BE Steimbke federführend
  ins Leben gerufen. Foto: Schablack

St. Pauli und Aachen zu Gast im virtuellen Waldstadion

Anders als bei den vergangenen eFootball-Kreis- oder Landesmeisterschaften und den internationalen Turnieren, bei denen hauptsächlich im 90er-Modus oder Ultimate-Team-Modus gespielt wird, haben sich die Blau-Weißen sich für eine andere Spielart entschieden. „Wir zocken im Pro-Club-Modus. Der wird zwar von den meisten Spielern eher stiefmütterlich behandelt, macht aber gemeinsam richtig Spaß.“ Dort wird sich im Elf-gegen-Elf gemessen; jeder Spieler agiert, wie auf dem richtigen Fußballplatz, einer ihm zugeordneten Position.

Dort kommt es dann auch auf fußballerisches Verständnis und gruppentaktische Dinge an. Schablack ist bereits seit Längerem dabei und organisiert die Hobby-Liga „ProLeague“. „Zunächst wollen wir Jungs finden, die regelmäßig Lust und Zeit haben. Später ist es dann ein ,realer Fußballverein‘ mit Spieltagen, Trainingseinheiten und Taktikbesprechungen. Natürlich steht der Spaß im Vordergrund, aber wenn wir unsere Spiele gewinnen, macht es natürlich umso mehr Fun“, scherzt der ehrgeizige Schablack.

"Natürlich steht der Spaß im Vordergrund, aber wenn wir unsere Spiele gewinnen, macht es natürlich umso mehr Fun".
Jens Schablack, Spartenleiter eSports Steimbke

Interessierte ab 16 Jahren können sich zunächst auch ohne Vereinsmitgliedschaft auf dem eigens eingerichteten Discord-Server https://discord.gg/qFzBfktQEp einfinden. Das erste Kennenlernen fand bereits vergangene Woche statt, weitere virtuelle Trainingseinheiten sind bereits geplant. Zudem hatte sich Schablack für das Kennenlernen gleich einen Leckerbissen überlegt. Der im elektronischen Sport erfahrenen Spartenleiter organisierte für die blutjunge Truppe gleich zwei hochkarätige Testspielgegner. Im virtuellen Waldstadion zu Steimbke waren der FC St. Pauli und Alemannia Aachen zu Gast. Zwar endeten die Partien sieglos, jedoch schlugen sich die SVBE-Schützlinge wacker. Gegen Aachen konnte man bei der 1:3-Niederlage sogar ein Tor erzielen. Das 0:4 gegen St. Pauli war da schon eindeutiger. „Das war für den Anfang eine sehr solide Leistung; darauf können wir aufbauen. Aachen und St. Pauli waren natürlich gerade in der Offensive deutlich eingespielter als wir, trotzdem hat es den Jungs Spaß gemacht“, bilanziert Schablack.

Zum virtuellen Trainerteam zählt unter anderem auch Keeper Yannik Hanuschke, der normalerweise das Tor des SV BE in der Bezirksliga hütet, derweil aber noch eine Schulterverletzung auskuriert. Dass der Schlussmann auch auf der Spielekonsole im Kasten steht, ist nicht in Stein gemeißelt. „Es ist zwar von Vorteil, wenn man die Position gut kennt, aber wir probieren auch viel aus. Ein gelernter Außenverteidiger kann sich auch mal im Sturm versuchen.“ So könnten die Steimbker eSportler problemlos mit einer Doppelspitze in Person von Abwehrchef Jan Dase oder Kapitän Ümit Tavan auflaufen, ob die beiden Defensivallrounder sich treffsicher zeigen würden, steht auf einem anderen virtuellen Blatt Papier.

Aus "Die Harke" vom 24.02.2021

Anmerkung in eigener Sache:

An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der "Abteilung eSports" um keine eigenständige Sparte handelt. Die "Abteilung eSports" wird zunächst in die Sparte Fussball integriert!