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Auf der Suche nach dem Glück - Fußball-Bezirksliga: Hendrik Pietsch verlässt nach 14 Jahren die Nienburger Bühne

Die einen nennen ihn einen Wandervogel, die anderen sagen, er sei erfolgshungrig. Wiederum andere glauben, er hätte höher spielen können, aber ihm fehle der letzte Biss. Worin sich bei Hendrik Pietsch jedoch alle einig sind, ist das fußballerische Talent.

Fast 14 Jahre Bezirks- und Landesliga-Fußball im Herrenbereich stehen in seiner Vita – allesamt im Kreis Nienburg. Nun bricht der ständige Wegbegleiter der hiesigen Fußballszene seine Zelte ab, verlässt den Bezirksligisten SV BE Steimbke im Winter – es zieht ihn beruflich nach Wien.

Über seine Jugendstationen Rot-Weiß Estorf-Leeseringen und die Spielgemeinschaft des SV Aue Liebenau mit dem SSV Pennigsehl lockte Karsten „Charly“ Stallmann – damaliger Trainer des Landesberger SV – den damals 18-jährigen Jungspund zum Bezirksligisten. Stallmann schwärmt noch heute: „Hendrik hat ein riesen Potenzial, ist charakterlich einwandfrei. Ich habe noch heute – nach über zehn Jahren – viel Kontakt zu ihm und hätte ihn gern noch einmal zum TSV Dollbergen geholt.“ Zur Wandervogel-Theorie hat Stallmann eine eigene Sichtweise: „Hendrik hat immer hohe Ansprüche an sich selbst und den Fußball. Er muss sich aber wohlfühlen, im Verein und in der Mannschaft. Am Ende ist er immer seinen Freunden hinterher gewechselt. Schade, dass er nun endgültig geht – ein Verlust.“ Eine Theorie, die nicht ganz von der Hand zu weisen ist. In Landesbergen spielte er bis 2008, ehe er für ein halbes Jahr ein Auslandssemester im belgischen Gent absolvierte – der LSV war seine längste Station. In dieser Zeit lernte er viele langjährige Wegbegleiter wie Eduard Schulz, Alexander Meyer, Tim Tatzko, Lukas Swiatkowski, Christoph Knake, Hendrik Büchau oder Helge Nußbaum kennen. Pietsch: „Landesbergen war meine schönste, intensivste und erfolgreichste Zeit.“ Am Anfang lernte er viel von den alten Recken wie Thorsten Radde, Marc Nietfeld oder Stefan Krone. „Thorsten Radde ist heute noch ein Idol. Beim LSV war alles sehr familiär, das war auch Charlys Verdienst, er hat mich menschlich sehr geprägt“, gibt der heute 31-Jährige das Kompliment an seinen ersten Herrentrainer zurück.

 

Unter Coach Ralf Przyklenk folgte dann die erfolgreichste Zeit beim LSV: Bezirksoberliga- Aufstieg 2007, Vize im Bezirkspokal und Klassenerhalt in der darauffolgenden Saison. Pietsch: „Ralf hat mir den fußballerischen Feinschliff verpasst.“

In der Winterpause der Saison 2008/09 schloss er sich dann dem damaligen Bezirksligisten VfL Münchehagen an, zu dem es zuvor schon seine Freunde Nußbaum, Knake und Büchau gezogen hatte; später folgten auch Tatzko sowie Swiatkowski. Zweieinhalb Jahre trug er das VfL- Trikot, ehe sich seine Kumpels nach und nach verabschiedeten und damit auch der Erfolg. In Münchehagen hielt ihn vor allem Übungsleiter Dittmar Schönbeck: „Dittmar ist eine Granate und hat aufgrund seiner eigenen Spieler-Laufbahn mit Sicherheit den größten fußballerischen Sachverstand meiner Trainer gehabt.“ Auf seine Ansprachen hätten sich alle jeden Sonntag gefreut – „das waren immer wieder Highlights“. Auch an die legendären Partys in Schönbecks Wintergarten erinnert er sich gern zurück: „Da badetet ein Tim Tatzko auch gern mal in Dittmars Gartenteich.“

Für Schönbeck war Pietsch ein Garant für den sportlichen Erfolg des VfL: „Hendrik ist mit seiner Athletik und Dynamik ein ganz wichtiger Spieler gewesen. Er war sehr variabel einsetzbar – da kann jeder Verein mehrere von gebrauchen. Er hätte auch höher spielen kön- nen.“ Schönbeck war es auch, der aus dem Stürmer und offensiv denkenden Pietsch einen adäquaten Sechser im defensiven Mittelfeld machte.

Im Jahr 2011 verließ er den VfL, es folgte ein kurzzeitiges Intermezzo beim damaligen Kreisklassisten Rot-Weiß Estorf-Leeseringen – wieder lockte Weggefährte Nußbaum, der mittlerweile als Trainer fungierte. Doch dort hielt es der erfolgshungrige Pietsch nicht lange aus. Nach einem Monat und ohne Pflichtspieleinsatz zog es ihn weiter zum Bezirksligisten TuS Drakenburg, wo er wiederum auf Tatzko traf. Pietsch: „Mit Tim habe ich immer super harmoniert.“ Nach zwei erfolgreichen Jahren mit dem TuS – Tatzko und Pietsch erzielten zusammen 58 von 145 Treffern – zog es die beiden zur Spielzeit 2013/14 weiter zum Bezirksligisten SV BE Steimbke, wo sie wieder auf Trainer Przyklenk trafen. Für Pietsch der vierte Verein nach seiner LSV- Zeit. „Ralf hat nochmal gelockt. Er macht sehr gutes Training und hat erfahrene Spieler für die junge Truppe gesucht. Das hat gepasst.“ Pietsch suchte immer wieder eine neue Erfahrung: „Ich wollte immer etwas Neues kennen lernen.“

Nun verlässt er auch den SV BE, diesmal aber nicht, um sich einem neuen Verein anzuschließen – der Pass bleibt in Steimbke –, sondern um für mindestens drei Jahre in der österreichischen Hauptstadt Wien zu zu arbeiten. „Vielleicht suche ich mir dort einen Verein. Mein Ziel ist es, irgend nochmal bei den Steimbker Altherren aufzulaufen – die nehmen aber nicht jeden, habe ich gehört“, sagt der Neu- Wiener augenzwinkernd. Przyklenk trauert Pietsch schon jetzt hinterher, er weiß aber auch, dass der Beruf vorgeht: „Wir hatten schon beim LSV eine super Zeit. In Steimbke hat er als erfahrener Spieler immer Ruhe reingebracht. Er wird nicht nur sportlich, sondern auch menschlich fehlen."

aus: "Die Harke", Ausgabe vom 13.12.2014